Eine
Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit
die Schuhe anzieht.
Mark Twain |
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Vanity-Nummern Unbekannte
Nummern?
Was ist Vanity?
Unbekannte Nummern? Nein, Vanity-Nummern sind eigentlich genau das Gegenteil
von unbekannt. Eine Hilfe für den Verbraucher sollen sie sein, damit
dieser sich nicht mehr so viele Telefonnummern zu merken braucht bzw.
nicht mehr lange nach einer Telefonnummer suchen muss. Aber wenn man
in der Servicewüste Deutschland jemanden nach Vanity fragt, erhält man
als Antwort nur ein fragendes Gesicht. Statt kostenloser Vanity-Nummern
bekommt man überall nur überteuerte 01805-Nummern genannt, unter denen
man dann für 12 Euro-Cent pro Minute erst mal mindestens 5 Minuten in
einer Warteschleife hängt. Dabei kann man heutzutage dank der Öffnung
des Telekommunikations-Marktes Anfang 1998 schon für 2-4 Euro-Cent eine
Minute quer durch Deutschland telefonieren. Sogar ein Anruf in die USA
ist mit 3,5 Euro-Cent die Minute billiger als ein Ortsgespräch tagsüber
über die Deutsche Telekom. Aber was sind denn nun Vanity-Nummern?
Als Vanity-Nummer
(oder Vanity-Number auf englisch) bezeichnet man die Notation einer
Telefonnummer, bei der diese mit Hilfe von Buchstaben anstelle einzelner
Ziffern attraktiver gestaltet wird und so einfacher zu merken ist (Buchstabenwahl).
Man wählte den Begriff „vanity“, der aus dem Englischen kommt und „Eitelkeit“
bedeutet, weil es auf einer Visitenkarte oder in der Werbung einfach
ästhetischer aussieht, wenn man als Telefonnummer statt einer meist
komplizierten Zahlenfolge eine einprägsame, alphanumerische Umsetzung
in Namen, also Vor-, Zu-, Firmen- oder Markennamen, oder Begriffe des
täglichen Lebens angeben kann. Die Rufnummer als Wort ist vom Erinnerungswert
wesentlich höher anzusiedeln, als jede noch so eingängige Zahlenkombination.
Die in Deutschland noch wenig verbreiteten und in weiten Kreisen der
Bevölkerung noch unbekannten Vanity-Nummern werden in Amerika schon
seit 1967 zugeteilt und intensiv genutzt. Sie stellen ein beliebtes
Instrument zur Kundenbindung dar und werden daher vor allem in der Werbung
eingesetzt. In den Vereinigten Staaten hatte die Einführung der Vanity-Nummern
bei den Anbietern eine Steigerung der Anrufzahlen von bis zu 30 Prozent
zur Folge.
[1]
Eine Vanity-Nummer kann einem Unternehmen somit einen
deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten bringen.
Eine ähnliche Entwicklung wie in den USA erwarten Experten auch für
den deutschen Markt.
[2]
Darauf deutet auch eine repräsentative Umfrage hin,
der zufolge 84 Prozent aller Verbraucher solche Unternehmen, die
eine kostenlose Rufnummer anbieten, für besonders kundenorientiert halten.
[3]
Die Verbindung der für den Anrufer kostenlosen 0800-Nummer
mit einer leicht merkbaren Buchstabenkombination – wie z.B. 0800-COCA-COLA
– wird diese Einschätzung weiter festigen. Einige Taxiunternehmen konnten
durch eine solche kundenfreundliche Nummer die Zahl der Kundenanrufe
und somit ihren Umsatz deutlich steigern, u.a. ein Berliner Taxiunternehmer,
der seit Anfang 1998 unter 0800-CAB-CALL zu erreichen ist. Eine Umfrage
im Sommer 1999 ergab, dass etwa jedes sechste der befragten deutschen
Markenartikelunternehmen in „nächster Zeit“ den Einsatz einer Vanity-Nummer
plane; zu dieser Zeit setzten allerdings nur sechs Prozent der befragten
Firmen eine solche ein.
[4]
Dies ist hauptsächlich auf den geringen Bekanntheitsgrad
des Verfahrens zurückzuführen: Ein Drittel der befragten Marketingmanager
kannten noch nicht einmal den Begriff.
[5]
Von der Bevölkerung ganz zu schweigen. In den USA
hingegen gehören diese Telefonnummern zum Alltag.
[6]
Dort mussten bereits die zusätzlichen Vorwahlen (Gassen)
888, 877 und 866 vergeben werden, da aufgrund der großen Kundenzahl
und Nachfrage für die Vorwahl 800 keine Kapazitäten mehr zur Verfügung
standen. Wenn auch diese ausgeschöpft sind, plant die amerikanische
Industrie, auch die Gassen 855 und andere „toll free codes“ zu öffnen.
[7]
Die kostenlosen Telefonnummern sind in den USA sehr
beliebt – vor allem in Verbindung mit einer Vanity-Nummer. Sie vermitteln
ein kundenfreundliches Image und senken die Anrufhemmschwelle.
[8]
Sie werden von den Unternehmen aber nicht nur als
Marketingmaßnahme und Service für ihre Kunden eingesetzt, sondern auch
für ihre Mitarbeiter, die dann von überall bequem und kostenlos ihre
Arbeitsstelle anrufen können. Dies spart den Unternehmen teure Hotel-Telefonrechnungen
und eine Menge Verwaltungsaufwand. Aber auch der private Gebrauch dieser
Nummern wird immer populärer: Eltern beispielsweise geben ihre „kostenlose“
Nummer ihren Kindern, damit diese kostenfrei zu Hause anrufen können
– sehr praktisch, wenn diese in einer anderen Stadt studieren. Der Trend
zur kostenlosen Vanity-Nummer wird wahrscheinlich auch bald nach Deutschland
„überschwappen“. Die DTAG erwartet einen Boom.
[9]
Wie
funktioniert Vanity?
Eine Vanity-Nummer besteht also – wie oben dargestellt – nicht nur aus
Zahlen, sondern enthält auch Buchstaben. Natürlich stellt jeder Buchstabe
eine Zahl dar, die dann im Endeffekt gewählt wird. Um dies zu ermöglichen,
wurden den Ziffern 2 bis 9 Buchstaben zugeordnet, inzwischen der internationalen
Empfehlung E.161 Option A (05/95) der Internationalen Fernmeldeunion
(ITU = International Telecommunication Union, Genf) folgend.
[10]
Jeder Zahl sind dabei drei bis vier Buchstaben zugeordnet.
Durch den Abdruck der Buchstaben auf oder neben die Tasten der Telefone
wird die Eingabe der Buchstaben erleichtert; die Buchstaben können aber
auch durch eine Telefonschablone oder einfache Tabelle wie z.B. der
folgenden schnell in Ziffern umgewandelt werden:
Für jeden Buchstaben wird diejenige Telefontaste einmal gedrückt, auf
der der jeweilige Buchstabe zu finden ist. Die Vanity-Nummer 0800-PORSCHE
entspricht somit der Rufnummer 0800‑7677243. Andere Zeichen wie
Umlaute oder Sonderzeichen sind in Vanity-Nummern nicht vorgesehen.
Umlaute müssen daher – genau wie bei Email- und Internet-Adressen –
umschrieben werden (ae statt ä usw.). Der Vorteil einer Vanity-Rufnummer ist, dass man sie sich leicht merken
kann – nicht etwa, dass man sie auf der Telefontastatur besonders leicht
tippen kann. Das Auffinden der Buchstaben ist sogar ein wenig mühsam.
Aber es ist allemal leichter und auch schneller als die Suche nach der
Nummer in einem Telefonbuch oder einer Zeitung, und vor allem billiger
als ein teurer Anruf bei einem Auskunftsdienst. Nahezu alle Telefone
verfügen heute über Buchstabentasten, ebenso die Telefonzellen. Da es
inzwischen mehr Handys als Festnetzanschlüsse gibt, haben sich die Buchstabentasten
auch wegen des SMS-Booms schnell durchgesetzt – wobei bei der Buchstabenwahl
anders als bei SMS die jeweilige Taste nur einmal gedrückt wird, und
nicht z.B. die „5“ zweimal für ein „K“).
Zuteilung
von Nummern
Für die Zuteilung von Nummern ist seit Beginn der
Liberalisierung auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt die Bonner
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) zuständig.
Die Beauftragung kann direkt beim Betreiber des Telekommunikationsnetzes
oder indirekt über einen Diensteanbieter erfolgen.
Einsatz
von Vanity-Nummern
Prinzipiell kann man aus jeder x-beliebigen Nummer eine Vanity-Nummer
machen, nicht nur aus Telefonnummern, sondern auch aus anderen Nummern,
indem man einfach für jede Zahl einen entsprechenden Buchstaben nimmt.
Auf diese Weise kann man sich z.B. Geheimzahlen besser merken. Bei der
Masse an Zahlen, die man sich heutzutage alle merken muss, stellt dies
eine angenehme Erleichterung dar, vor allem, weil man sich unter einem
Wort ein Bild vorstellen kann. Dem menschlichen Gehirn fällt es relativ
leicht, sich an ein klares und deutliches Bild zu erinnern. Das visuelle
Gedächtnis ist von Natur aus generell hoch entwickelt. Es fällt schwer,
sich an eine abstrakte Definition aus der Physik zu erinnern, die man
mal gelernt hat. Wenn man aber die Mona Lisa beschreiben soll, fällt
einem garantiert einiges dazu ein, auch wenn man noch nie den Louvre
besucht hat. Also könnte man sich z.B. das Passwort 66625472 wählen
und merkt es sich einfach als „Mona Lisa“. Oder 27335 als „Apfel“. Auf
den Tastaturen der Geldautomaten und bei einer Vielzahl weiterer Geräte
in den USA sind aus den oben genannten Gründen schon seit Jahren Buchstaben
abgebildet. Man muss allerdings die Möglichkeit haben, die Geheimzahl
selbst auswählen zu können. Ansonsten müsste man das unwahrscheinliche
Glück haben, z.B. von seiner Bank eine PIN zugeteilt zu bekommen, die
zufällig ein sinnvolles Wort ergibt, das man sich leicht merken kann.
Dies wird aber meistens nicht so sein, wie man über einen Vanity-Rechner
[11]
, der aus einer Nummer Worte generiert, leicht nachvollziehen
kann. Mit Hilfe eines solchen Rechners kann man leicht testen, ob die
eigene Telefonnummer nicht vielleicht ein mehr oder weniger lustiges
Wort ergibt. Man kann natürlich auch Buchstaben und Zahlen mischen,
wodurch noch mehr Kombinationsmöglichkeiten entstehen, z.B. „123-CASH-2“. Man kann seine Telefonnummer(n) und Handynummer(n) also als Vanity-Nummer
angeben, z.B. auf Briefköpfen, Visitenkarten, etc.. Das macht natürlich
nur Sinn, wenn die Nummer ein Wort oder eine einprägsame Buchstabenkombination
ergibt.
Vanity-Nummern können allen Vorwahlen beigeordnet werden. Sie eignen
sich aber besonders für die geschäftliche Verwendung bei Freephone/Freecall®-Nummern
(0800/0130) und Shared Cost-Rufnummern (0180x). Auch im Bereich der
Premium Rate-Dienste (0900x/0190x) und bei den persönlichen Rufnummern
(0700) ist mit einer hohen Nachfrage zu rechnen. Die Länge der Nummer
richtet sich nach der Rufnummernart.
[12]
Die festgelegte Länge einer Telefonnummer ist für
die Vanity-Nummern aber kein Hindernis. Zu kurze Firmen- oder Produktnamen
können durch hinzufügen von Zahlen, Buchstaben oder Worten auf die erforderliche
Länge gebracht werden, z.B. 0800-CALL-BUD, 0800-TAXI-RUF, 0800‑800-SIXT
oder 01805-RUF-BMW. Zu lange Namen sind auch kein Problem, da eine Vanity-Nummer
auch etwas länger sein kann als die eigentliche Telefonnummer. So entspricht
0700‑VOLKSWAGEN der Rufnummer 0700-8655792436. Die „3“
und die „6“ für das „E“ und das „N“ am Ende können – müssen aber nicht
– zusätzlich mitgewählt werden. Zusätzlich gewählte Ziffern/Buchstaben
werden von der Vermittlungsstelle einfach ignoriert. Anrufer sind bereits
nach Eintippen von „0700-VOLKSWAG“ verbunden. Nur zu lang sollte die
Vanity-Nummer nicht sein, da es sonst passieren kann, dass am anderen
Ende schon jemand abgehoben hat, während man selbst noch am (Überflüssige-Nummern-)Wählen
ist. Auch kann es sein, dass am anderen Ende ein Sprachcomputer abnimmt
– wie z.B. beim Telefonbanking üblich –, der die zusätzlich gewählten
Zahlen als Eingabe einer Kontonummer/PIN oder als Wahl eines Untermenü
auffasst.
Eine Service-Nummer kann entweder bundesweit gültig sein, dann wird sie
nur ein einziges Mal vergeben, oder aber regional begrenzt werden. Ein
Taxiunternehmen oder Pizzadienst in Hamburg hat kein Interesse an Anrufen
aus München. Daher ist es für viele Unternehmen sinnvoll, dass sie nur
für Anrufer aus ihrer Region erreichbar sind. Inzwischen hat sich eine
Reihe von Diensteanbietern auf Vanity-Nummern spezialisiert, die ihren
Kunden u.a. vielfältige Routing-Varianten anbieten, die durch intelligente
Netze ermöglicht werden. So merkt die erste Vermittlungsstelle, dass
es sich bei der gewählten Rufnummer um eine intelligente Rufnummer handelt,
und fragt in einer Datenbank ab, was mit dem Anruf geschehen soll,
[13]
so dass z.B. ein Anrufer aus Hamburg-Altona beim
nächstgelegenen Taxiunternehmen „landet“. Die bislang meistgewählte
Vanity-Nummer ist die 0800-800-TAXI, unter der bereits seit 1998 in
über 350 Vorwahlbereichen das nächste Taxiunternehmen erreicht werden
kann. Wegen der vielen beschriebenen Vorteile der kundenfreundlichen Vanity-Nummern
ist zu hoffen, dass sie sich auch in Deutschland noch durchsetzen werden. [1] Presseerklärung der Deutschen Telekom AG (DTAG) vom 28. Oktober 1998, http://www.dtag.de/untern/aktuell/1998/1028981.htm. [2] Presseerklärung der DTAG vom 28. Oktober 1998, http://www.dtag.de/untern/aktuell/1998/1028981.htm. [3] Presseerklärung der DTAG vom 28. Oktober 1998, http://www.dtag.de/untern/aktuell/1998/1028981.htm. [4] Telecom Handel 18/99 vom 3. September 1999, 19. [5] Berliner Morgenpost vom 30. Juni 1999, 27. [6] Telecom Handel 18/99 vom 3. September 1999, 19.
[7]
Toll free service facts der FCC, http://www.fcc.gov/ccb/888/888facts.html. [8] Telecom Handel 17/99 vom 20. August 1999. [9] Berliner Morgenpost vom 30. Juni 1999, 27.
[10]
http://www.itu.int/itudoc/itu-t/rec/e/e161.html; teleCommunication 20,21/98, 20. [11] Z.B. über den auf http://www.vanity-rechner.de, mit weiteren Verweisen. [13] Computerwoche 31/99, 25. |
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